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Fastenzeit

Als Fastenzeit (liturgisch Quadragesima = vierzig) bezeichnet man die 40-tägige Bußzeit zur Vorbereitung auf Ostern. In der Ordnung des Kirchenjahres gleicht diese ‚große Fastenzeit‘ dem Advent, der auch als ‚kleine Fastenzeit‘ zur Vorbereitung auf Weihnachten bezeichnet wird.

Die Dauer der Fastenzeit wurde stufenweise erweitert und war spätestens bis zum Beginn des 5. Jahrhundert in der ganzen Kirche auf 40 Tage festgelegt. Weil aber die Sonntage im Gedenken an die Auferstehung Jesu vom strengen Fasten stets ausgenommen waren, zählt man vom Aschermittwoch bis zum Karsamstag genau 40 Wochentage und 6 Sonntage.

Die Zahl 40 ist bedeutsam, denn sie gilt als eine in ihrer Symbolik heilige Zahl. In der Heiligen Schrift finden sich in diesem Zusammenhang viele Anklänge, die den Sinn der Fastenzeit beleuchten:

Zur Zeit Noas ließ Gott es 40 Tage und 40 Nächte regnen, um die Erde durch die Sintflut zu läutern (Gen 7, 4).

Moses weilte 40 Tage und 40 Nächte auf dem Berg Sinai (Ex 24, 18) und empfing dort unter Fasten die Tafeln mit den Geboten Gottes (Ex 34, 28).

Nachdem die Israeliten 40 Tage lang das Gelobte Land erkundet und dann gegen Gott rebelliert hatten, mussten sie zur Strafe 40 Jahre lang in der Wüste Buße tun (Num 14, 34).

Der Prophet Elias empfing eine geheimnisvolle Speise, in deren Kraft er 40 Tage und 40 Nächte bis zum Gottesberg Horeb wanderte (1 Kön 19, 8), wo er eine wunderbare Offenbarung schauen durfte.

Auf göttlichen Befehl hin verkündete der Prophet Jonas den Menschen in Ninive ein Zorngericht nach 40 Tagen (Jon 3, 4), woraufhin die Niniviten in Sack und Asche Buße taten und sich mit Gott versöhnten.

Nicht zuletzt hat der Herr Jesus Christus sein öffentliches Wirken begonnen, indem er 40 Tage und 40 Nächte in der Wüste Juda fastete (Mt 4, 2). Und im Blick auf die Zukunft sagte er: „Es werden Tagen kommen, da ihnen der Bräutigam genommen ist, dann werdet ihr fasten.“ (Mt 9, 15)

Im Gesetz des Moses waren die Juden verpflichtet, Jahr für Jahr den zehnten Teil all ihrer Erträge dem Herrn zu weihen (Lev 27, 30-34). Daran anknüpfend erklärt der hl. Papst Gregor der Große (590-604), dass wir durch die heilige Fastenzeit Gott den zehnten Teil der Tage des Jahresdarbringen. Sie gleicht dem Denar (von decem = zehn), durch den wir Gott geben, was Gottes ist (Lk 20, 24).
Die liturgische Gestaltung der Fastenzeit ist sowohl durch die Entfaltung der Katechumenatsriten als auch durch die altkirchliche Bußdisziplin bestimmt.

Für die Taufbewerber (Katechumenen) war die Quadragesima eine Zeit intensiver Vorbereitung auf die österliche Taufe.

Für die öffentlichen Büßer war es die Zeit der Vorbereitung auf die Wiederversöhnung am Gründonnerstag.

Beide wurden analog gesehen, denn man hat die Buße als eine Art ‚zweite Taufe‘ betrachtet, und entsprechend wurden am Aschermittwoch die Büßer in einen Stand versetzt, der dem Katechumenat ganz ähnlich war.

Im Mittelalter war als verpflichtende Fastenregel während aller gewöhnlichen Wochentage der Fastenzeit nur eine einzige sättigende Mahlzeit erlaubt, die gewöhnlich gegen Abend eingenommen wurde. Auch war während dieser Zeit der Verzehr von Fleisch und Eiern verboten, worauf der Brauch zurückgeht, am Ostertag Lämmer und Eier zu segnen. Was heute von der Bußpraxis der Kirche übriggeblieben ist, findet sich in der Apostolischen Konstitution ‚Pænitemini‘ Papst Pauls VI. vom 17. Februar 1966:

Fasten bedeutet, sich nur einmal am Tag zu sättigen.

Abstinenz bedeutet Verzicht auf Fleischspeisen.

Gebotene Fast- und Abstinenztage sind Aschermittwoch und Karfreitag. Nur Abstinenztage sind alle Freitage des Jahres, die nicht auf ein Hochfest fallen. Das Abstinenzgebot verpflichtet alle, die das 14. Lebensjahr vollendet haben. Das Fastengebot verpflichtet alle Volljährigen bis zum Beginn des sechzigsten Lebensjahres, sofern nicht gesundheitliche Beeinträchtigung und andere ernsthafte Gründe dagegen sprechen.

Das Fasten unterscheidet sich vom Hungern dadurch, dass es freiwillig und in der rechten Absicht geschieht. Letztere zielt sowohl auf die Ehre Gottes als auch auf das Heil des Menschen. Was immer wir zu Gottes Ehre tun, ist auch zu unserem Heil, und was zu unserem Heil geschieht, gereicht Gott zur Ehre. Und weil der Mensch eine Ganzheit aus Seele und Leib ist, bringt er im Fasten Gott die Huldigung seines Leibes dar und profitiert zugleich davon, dass das Fasten für die Seele heilsam und für den Leib gesund ist. Sehr schön wird die erhoffte geistliche Wirkung des Fastens in der Fastenpräfation beschrieben, in der wir Gott dafür preisen, dass er durch das leibliche Fasten die Sünde niederhält, den Geist erhebt und uns reichlich Tugendkraft spendet und Lohn.

Damit das Fasten seine volle geistliche Wirkung entfalten kann, muss es (gemäß Mt 6, 1-18) durch Gebet und Almosen ergänzt werden. Wenn die ganze Christenheit dies beherzigt, wird die Fastenzeit zu einem großen Segen für jeden Einzelnen und für die ganze Kirche!